Die Liederbücher der jüdischen Jugendbewegungen

Die jüdische Jugendbewegungen entstanden Ende des 19. Ihre Entstehung steht im Zusammenhang mit dem Aufkommen des Nationalismus und Antisemitismus in Europa, der die jüdischen Jugendlichen nach und nach aus vielen Vereinen ausschloss. Als Reaktion darauf entstanden in Österreich ab Ende der 1870er Jahre und in Deutschland ab Ende der 1890er Jahre jüdische Jugendbewegungen.[1]Siehe den Artikel von Geneviève Humbert-Knitel über „Les mouvements de jeunesse ‚juifs‘ de la fin du XIXe siècle jusqu’en 1938“, Recherches Germaniques, 2009, S. 183-201

Dieses Phänomen beschränkte sich jedoch nicht nur auf die westjüdische Gesellschaft, sondern auch auf Osteuropa, wie „die Geschichte der Jugendbewegungen Zeirei Zion und Haschomer Hazair (…) zeigt, in denen sich ab 1903 ein Teil der jüdischen Jugend Galiziens, vor allem aus Lemberg/Lwow, aber auch aus Brody oder Tarnopol, den beiden Hochburgen der Haskala, der jüdischen Aufklärung, zusammenschloss. Dieser Teil der Jugend, der aus dem wohlhabenden und gebildeten Bürgertum stammte und mit dem Antisemitismus der Polen und Ruthenen konfrontiert war, brach wie die westliche Jugend mit dem familiären Umfeld, dem er den Verlust seiner Identität vorwarf, und organisierte sich, um neue Bezugspunkte zu finden. Sie spricht Polnisch und kehrt zu den Quellen des Judentums zurück, indem sie Hebräisch, aber auch Arabisch und die Geschichte Palästinas lernt, in der Hoffnung, nach Palästina auswandern zu können.”[[2]Geneviève Humbert-Knitel, a.a.O., S. 187

Hashomer Hatzaïr,1934, Polen

Die ersten Vereine waren Sportvereine, die dem Wunsch der zionistischen Jugend entsprachen, durch Mannschaftssport einen neuen, starken und mutigen Menschen zu schaffen. Die Blau-Weiß-Bewegung ist wohl die repräsentativste jüdische Jugendbewegung des westjüdischen Zionismus. Die neue Gruppe, die 1912 aus dem Zusammenschluss zweier Wandervereine – dem Wanderverein 1907 in Breslau und dem Jüdischen Wanderbund Blau-Weiß in Berlin – hervorging, wanderte, trieb Sport, teilte Mahlzeiten und sang. Unter den Mitgliedern waren auch einige jüdische Pfadfinder aus Galizien. 1921 emigrierten einige Mitglieder nach Palästina. Auch in Deutschland gab es nicht-zionistische Jugendbewegungen, die sich die Integration der Juden in die Gesellschaft zum Ziel gesetzt hatten (z.B. die Arbeitsgemeinschaft jüdisch-liberale Jugendvereine, die 1936 in den Ring, Bund der jüdischen Jugend, umgewandelt wurde).

In Osteuropa propagierten die aus dem Bund hervorgegangenen Jugendbewegungen (wie die in den 1910er Jahren gegründete Tsukunft, der SKIF (Sotsialisticher Kinder Farband)[3] oder die Bundistische Jugendorganisation) einen universellen, säkularen und nicht-zionistischen Sozialismus.

Auch in Frankreich und England gibt es mehrere jüdische Jugendbewegungen, die aus diesen verschiedenen Bewegungen hervorgegangen sind.

In Frankreich gründete Robert Gamzon (1905-1961) 1923 die Eclaireurs Israélites de France (EIF). Unterstützt wurde er von dem Schriftsteller, Dichter und Essayisten Edmond Fleg (1874-1963), der „von einer Jugendbewegung träumte, in der praktizierende und nicht praktizierende Juden, Sephardim und Aschkenasim, Orthodoxe und Liberale … zusammenkommen können. zusammenkommen können, um sich auszutauschen, zu teilen und weiterzugeben.“ [3]https://www.eeif.org/histoire-du-mouvement Ab 1927 öffnete sich die Bewegung auch für Mädchen und breitete sich nach Marokko, Tunesien und Algerien aus. 1969 wurden die Eclaireurs Israelites de France offiziell in Eclaireuses et Eclaireurs Israelites de France (EEIF) umbenannt.

Wie in allen Jugendbewegungen ist auch in der EEIF der Gesang allgegenwärtig. Die verschiedenen Tages- und Schabbatgebete werden gesungen[4]Hören Sie sich die Gebete der EEIF auf ihrer Website https://www.eeif.org/siddour. Darüber hinaus singen die EEIF während der Nachtwachen am Holzfeuer ein Repertoire in französischer oder hebräischer Sprache, oft mit Gitarrenbegleitung. Diese Lieder werden oft in kleinen Heften gesammelt, die, wie bei den meisten Jugendbewegungen, zu einem emblematischen Element der jüdischen Pfadfinderbewegung werden und bis heute geblieben sind. So wurden während der Covid Mahnwachen mit Gesang organisiert, die per Videokonferenz oder über soziale Netzwerke übertragen wurden und an denen bis zu 5.000 Personen teilnahmen.

Das Europäische Institut für Jüdische Musik hat in seinen Sammlungen eine Reihe von Liederbüchern jüdischer Jugendbewegungen (herausgegeben u.a. von der EEIF, der Histadrut, der Youth and Education Department of the Jewish National Fund…), die wir Ihnen in diesem Video vorstellen möchten.

Bibliografische Quellen:

Mehr zu den zionistischen Jugendbewegungen 

Mehr Informationen über die EEIF

Sehen Sie sich unser Musikarchiv über die EEIF an

References
1 Siehe den Artikel von Geneviève Humbert-Knitel über „Les mouvements de jeunesse ‚juifs‘ de la fin du XIXe siècle jusqu’en 1938“, Recherches Germaniques, 2009, S. 183-201
2 Geneviève Humbert-Knitel, a.a.O., S. 187
3 https://www.eeif.org/histoire-du-mouvement
4 Hören Sie sich die Gebete der EEIF auf ihrer Website https://www.eeif.org/siddour

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