Berlinski, Shalom (1918-2008)

Von Hervé Roten und Jean-Phillipe Amar

Shalom Berlinski wurde am 16. Januar 1918 in Radom, einer polnischen Stadt rund 100 Kilometer von Warschau entfernt, als das jüngst von acht Kindern geboren. Sein Vater, ein Schuhfabrikant, war ein leidenschaftlicher Synagogensänger und ein amateurhafter Geigenspieler.

Als Kind besuchte Shalom Berlinski die Synagoge und ahmte die Gesänge des Hazzan (Kantor) nach. Im Alter von 8 Jahren trat er dem Chor der großen Synagoge von Radom bei und sang in diesem den Bariton. Nach und nach lernte er Noten lesen und wurde mit 10 Jahren Meshorer, was bedeutet, dass er für die Begleitung des Baal Tefillah (des Vorbeters), auf eine beinahe improvisierte Art, zuständig war.

montage_coeur_pologne-shb_-_55_.jpg1930 verließ er Polen, zusammen mit seiner Familie und ließ sich in Frankreich nieder. Nach einem kurzen Besuch einer Grundschule des 18. Pariser Arrondissements, begann er in der Schuhmacherwerkstatt seines Vaters zu arbeiten. Im selben Jahr entdeckte er die Große Synagoge der Rue de la Victoire, deren Orgel, Chor und auch den damaligen Hazzan, Herrn Henri Kahn, welche ihn schwer beeindruckten.

1935 und 1936 nahm er Gesangsunterricht und sang regelmäßig als Solist, zur Begleitung von Hochzeitszeremonien, in den Pariser Synagogen. 1940 wurde er an die Front geschickt und war an der Schlacht an der Somme beteiligt. Im April 1941 heiratete er Sarah Katz. Einige Monate später floh das Paar in die Nähe von Roanne. Nach dem Einmarsch der Deutschen in die unbesetzte Zone Frankreichs (im Süden Frankreichs), trat Shalom Berlinski einer kleinen Gruppe jüdischer Widerstandskämpfer bei, welche aus Kommunisten und Zionisten bestand und vom Rabbiner Samy Klein geleitet wurde. Nachdem Paris im August 1944 befreit wurde, kehrte das Paar in die Hauptstadt zurück.

montage_mariage-identite_-_42_.jpg1945 schrieb sich Shalom Berlinski am privaten Konservatorium René Muable der Rue Lepic ein, an welchem er zehn Jahre lang bei dem italienischen Tenor Umberto Valdarnini Gesangstechnik der Mailänder Scala studierte. Er nahm ebenfalls Gesangsunterricht bei Maurice Franck, dem Chefdirigenten der Opéra Garnier.

1945 gründete er das Centre artistique juif, dessen Ziel es war, ein jüdisches Musik- und Theaterrepertoire zu schaffen.

1946 bot er gemeinsam mit dem Orchestre Nationel, welches unter der Leitung von Manuel Rosenthal stand, hebräische Melodien dar.

ph_concert_pleyel_recentre_et_90_.jpg1948 wurde er zum ersten Ministre Officiant der Synagoge der Rue de la Victoire (Paris) ernannt, eine Funktion, welche er einunddreißig Jahre lang innehaben sollte.

Zwischen 1953 und 1966 gab er mehrere erinnerungswürdige Konzerte, insbesondere im Salle Gaveau unter der Leitung von Eugène Bigot, sowie im Theater der Champs-Elysées unter der Leitung von Pierre Dervaux.

Von 1959 bis 1962-63 war er Produzent der O.R.T.F. und organisierte zusammen mit der Musikwissenschaftlerin Yvonne Tienot und dem Organisten Jean Bonfils zwei Reihen von Radiosendungen, „La Bible et les musiciens“ („Bibel und Musiker“), welche musikalischen Werken mit biblischer Inspiration gewidmet waren und deren Hauptinterpret er war.

ph_sh.b_avec_enfants-quad_-_recentre_60_puis_75_.jpgParallel zu seiner religiösen Funktion als Kantor der Großen Synagoge, lehrte er zwischen 1957 und 1968 Hazzanout (Konsistorialkunst) am Séminaire Israélite der Rue Vauquelin in Paris, genauer gesagt die gesungene Toralesung im aschkenasischen Ritus.

1979 gab er seine Tätigkeit als Ministre Officiant an der Großen Synagoge auf, sang aber bis 1998 weiter zu verschiedenen Anlässen. 1972 erkrankte er an grünen Star und verlor nach und nach sein Augenlicht. Umgeben und umsorgt von seiner Frau, seinem Sohn, seiner Schwiegertochter und seinen vier Enkeln, starb Shalom Berlinski am 28. September 2008 in Versailles.

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