
Von Hervé Roten
Maurice El Médioni wurde am 18. Oktober 1928 in Oran (Algerien) in einer der lebendigen Gassen des Derb al Yahoud (Judenviertel) geboren. Seit seiner frühesten Kindheit war er mit der Musik der orientalischen Cafés vertraut. Sein Onkel Messaoud Médioni, genannt Saoud l’Oranais, betrieb ein Café-Kabarett, in dem er Geige spielte, komponierte und sang und in dem u.a. die Sängerin Sultana Daoud, die später den Künstlernamen Reinette l’oranaise annahm, ihr Debüt gab.
„Aber die Musik kam nicht durch ihn zu mir„, erzählte Maurice El Médioni später. „Mein Vater war 1935 gestorben, ich war sieben Jahre alt, und wir waren vier Kinder, die von einer mittellosen Mutter aufgezogen wurden. Als ich neun Jahre alt war, kam mein älterer Bruder mit einem alten Klavier vom Flohmarkt zurück. Das war der schönste Tag in meinem Leben. Ich liebte es zu singen: Tino Rossi, aber auch Trenet“ […] „Schwierig, das Klavier? Ganz und gar nicht. „Ich habe es in einer Woche gelernt. Es gab eine absolute Beziehung zwischen meinen Fingern und meinem Gehirn.“[1]Véronique Mortaigne, „Maurice El Médioni, le piano à l’arabesque“, Le Monde, 27. Juni 2003
Als Pianist wird Maurice regelmäßig von seinen Schulfreunden eingeladen, um Feste und Geburtstage zu unterhalten. Doch am 8. November 1942 landeten die Amerikaner in Nordafrika. Mit einem angeborenen Sinn für Musik, Improvisation und Begleitung geht der erst 14-jährige Maurice in amerikanische Bars, wo er sich zusammen mit afroamerikanischen und texanischen Soldaten mit Boogie-Woogie und Country vertraut macht. Er lernte auch Soldaten aus Puerto Rico kennen, die ihm
den Rumba Rumba oder auch Cha-Cha-Cha lernen. Nach dem Abzug der Amerikaner 1945 nahm Maurice den Beruf seines Vaters, der Schneider war, wieder auf, trat aber weiterhin gelegentlich in Cafés auf.
Eines Tages, etwa 1947/48, „spiele ich im Café Salvat. Es kommen drei Maghrebiner vorbei, Straßenmusiker mit Derbouka, Tamburin. Am Abend spielen wir zusammen. Innerhalb weniger Minuten ist die Bar voll, die arabische Musik hat sich gerade mit dem Jazz und dem Cha-Cha-Cha vermählt!“ [2]Véronique Mortaigne, op. cit.
Mit seinen Musikerfreunden – Hamida Guerbi, Amar Ben Amar und Kaddouri Bensmir – sorgte Maurice für Unterhaltung im Café Salvat, das immer voller wurde…“. Bis zu dem Tag, an dem der Musiker Blaoui Houari ihm vorschlug, in das orientalische Orchester der Oper von Oran unter der Leitung von Mahieddine Bachtarzi einzutreten. […] Bachtarzi leitete eine Musikgesellschaft, die Moutribia, und tauschte sich mit anderen Ländern des Maghreb aus. So begleitete Maurice viele tunesische Künstler auf Tourneen in Algerien. […] In Frankreich war ich mit Raoul Journo sehr gut befreundet, aber wir haben nie zusammen gespielt! Alle tunesischen Musiker in Paris und Umgebung waren meine Freunde: El Kahlaoui Tounsi, Maurice Meimoun …“[3]Raoul Bellaïche, „Maurice El Médioni, créateur du ‚pianoriental'“ – Interview mit Maurice El Médioni, Je chante! Magazin Nr. 1, Januar 2016, S. 61.

1961 verließ Maurice El Médioni Algerien und emigrierte nach Israel, wo er sich einige Monate aufhielt, bevor er sich 1962 in Paris niederließ, wo er manchmal bei Festen, Bar-Mizwas oder Hochzeiten spielte. 1967 entschied er sich für die mediterrane Sonne in Marseille, wo er mit seinem Bruder ein Bekleidungsgeschäft eröffnete. Manchmal ging er auf ausdrücklichen Wunsch von Line Monty zurück nach Paris, um sie am Klavier zu begleiten.

1985 gab er seine 42-jährige Tätigkeit als Schneider auf, um sich ganz der Musik zu widmen. Er trat regelmäßig mit Reinette l’Oranaise, Lili Boniche oder Blond-Blond auf und pflegte eine enge Beziehung zu Line Monty.
In den 1990er Jahren produzierte Michel Lévy, der den Dounia-Katalog von El Kahlaoui Tounsi gekauft hatte, zusammen mit Bruno Barre mehrere CDs mit Lili Boniche, Blond-Blond, Reinette l’Oranaise, Line Monty, Luc Cherki, René Perez… in einer Kollektion mit dem Titel „Trésors de la chanson judéo-arabe“ (Ed. Mélodie Distribution). Diese CDs, die später von Buda Musique neu aufgelegt wurden, brachten die führenden Künstler des franko-arabischen oder franko-orientalischen Chansons wieder in die Mode, wobei sie manchmal von Maurice El Médioni am Klavier begleitet wurden oder Werke von ihm sangen. 1992 standen beim Festival Montpellier-Danse am Eröffnungsabend Line Monty, Lili Boniche und Reinette l’Oranaise auf dem Programm. Maurice El Médionis Karriere nahm damit einen neuen Anfang, sowohl auf der Bühne als auch in den Aufnahmestudios. 1996 widmete ihm das Label Piranha die CD Café 


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| 1 | Véronique Mortaigne, „Maurice El Médioni, le piano à l’arabesque“, Le Monde, 27. Juni 2003 |
|---|---|
| 2 | Véronique Mortaigne, op. cit. |
| 3 | Raoul Bellaïche, „Maurice El Médioni, créateur du ‚pianoriental'“ – Interview mit Maurice El Médioni, Je chante! Magazin Nr. 1, Januar 2016, S. 61. |
| 4 | Siehe die Aufzeichnung dieser Zeremonie auf Akadem |
| 5 | Insbesondere an Yvonne Kahan und Ava Bohbot (Chaos Film), die gerade einen Dokumentarfilm, Notes of Exile, über Maurice El Médioni drehen |



