Hemsi, Alberto (1898-1975)

Auszug des Begleithefts der CD Alberto Hemsi, Coplas sefardies, coll. Patrimoines Musicaux des Juifs de France, Édition de l’IEMJ, 2004

Alberto Hemsi wurde am 27. Juni 1898 in Cassaba – einer türkischen Ortschaft im Osten von Smyrna (dem heutigen Izmir) geboren. Seine Eltern waren italienischer Abstammung. Er begann sein Studium an der École de l’Alliance Israélite Universelle. Da er Stipendiat war, wurde er 1913 von der Société Musicale Israélite von Smyrna nach Mailand geschickt. 1914 wurde er am Königlichen Konservatorium von Mailand aufgenommen, wo er unter den bekanntesten Lehrern der Zeit lernte: Piano mit Andréoli, Harmonie, Kontrapunkt und Komposition bei Bossi und Perinello…

Im ersten Weltkrieg berief ihn das italienische Militär ein, woraufhin er die Militärschule besuchte, um schließlich Offizier zu werden. Er wurde im Krieg schwer am rechten Arm verwundet und erhielt mehrere zivile und militärische Orden. Nachdem man ihn gegen Kriegsende zum Hauptmann ernannt hatte, verließ er das Militär, um sich vollkommen dem Klavier und der Komposition zu widmen.

i_251__20_.jpgIm Jahr 1919, nach dem Abschluss in Orchestrierung, beschloss Hemsi in sein Geburtsland zurückzukehren. Seine Familie feierte seine Rückkehr mit den Liedern ihrer Vorfahren, gesungen von der Mutter seiner Mutter. Beeindruckt von der Schönheit der Lieder, erkannte Hemsi, dass dieses ausschließlich auf mündlicher Überlieferung beruhende Erbe, bewahrt werden musste.

Zwischen 1920 und 1923 unterrichtete Alberto Hemsi Theorie, Piano und Chorgesang in Smyrna. Während seines Aufenthalts in Rhodos (1924-1927) unterrichtete er und führte ethnografische und folkloristische Forschungen durch. Er interessierte sich dabei besonders für ältere Frauen und die Cantaderas, semiprofessionelle Sängerinnen, welche für ihre schöne Gesangsstimme bekannt waren und die von Familien zur Feier besonderer Anlässe, wie Hochzeiten oder anderen Festlichkeiten, eingeladen wurden. Dort lernte er auch seine Frau Myriam kennen, die er Ende August 1930 heiratete und mit der er drei Töchter bekam: Allegra, Juliette und Ketty.

i_43-33_.jpg1928 bot ihm die Israelitische Gemeinschaft von Alexandria (Ägypten), den Posten des Musikdirektors des Eliahou Hanabi Tempels an. Er war Musiklehrer an den Schulen der Gemeinschaft und gründete und leitete ein Blasorchester. Bis 1940 gab er auch Harmonie- und Kompositionsunterricht am G. Verdi Konservatorium von Alexandria, dann von 1952 bis 1957 am Musikkonservatorium von Alexandria. Nach der Sueskrise ließ er sich 1957 mit seiner Familie in Paris nieder.

Über den Pariser Teil seiner Karriere hinweg, übernahm er die musikalische Leitung der beiden sephardischen Synagogen Brith Shalom und Don Issac Abravanel und gab zudem liturgischen Musikunterricht im Séminaire Israélite de France. Als Musikwissenschaftler und unermüdlich für die judäo-spanische Sache Arbeitender, moderierte er eine spanischsprachige Sendung im französischen Radio, um die judäo-spanische Folklore bekannter zu machen. Kurz vor seinem Tod, im Jahr 1975, ernannte man ihn zum Korrespondenten der Königlichen Akademie der Schönen Künste von Madrid, um seine Arbeit über die sephardische Musik zu würdigen.

six-danses-turques-zeibek-pour-piano-alberto-hemsi_50_.jpgAls Preisträger zahlreicher internationaler Auszeichnungen und renommierter Musiker, hinterließ Alberto Hemsi ein bedeutendes, größtenteils unveröffentlichtes und herausragendes musikalisches Werk (54 Opus). Darunter befinden sich zahlreiche Stücke für Gesang und Piano (wie etwa die Stücke Kal nidre, Yom guila oder Visions bibliques), für den Chor (Six chœurs en ladino oder Quatre pièces hébraïques), für ein oder zwei Piano (Trois danses égyptiennes oder Trois danses bibliques), für Violine, Bratsche oder Violonchelle und Piano (mehrere sephardische Stücke) und schließlich auch für verschiedene Ensembles und Symphonieorchester (Danses bibliques oder Tableau symphonique).

Ein Großteil seines Werks existiert nur in Form von Abschriften und Manuskripten, welche dem Institut Européen des Musiques Juives am 5. Juli 2004, von seiner Witwe Myriam Capelutto Hemsi zur Verfügung gestellt wurden und welche dort seitdem aufbewahrt werden.

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